Die grundsätzliche Herausforderung für
das Verstehen und damit für die Vermittlung von Chemie besteht darin,
dass die chemischen Vorgänge auf atomarer Ebene allesamt der sinnlichen
Erfahrung nicht zugänglich sind und mithin durch Modelle repräsentiert
werden müssen. Ein besonderer Aspekt dieser Modellvorstellungen ist ihre
Räumlichkeit, beginnend spätestens mit der Struktur des Wassermoleküls
und den sich daraus ergebenden makroskopischen Folgen. Da eine
Kommunikation dieser mentalen Modelle zudem schwierig scheint, können
sich bei Lernenden lernhinderliche Fehlvorstellungen über die Vorgänge
auf atomarer Ebene bilden. [Barke, 2006] Für die Vermittlung von Wissen
und Vorstellungen der Chemie werden daher immer wieder neue Lehr- und
Lernmaterialien entwickelt, die die Räumlichkeit der chemischen Objekte
visualisieren helfen und damit leichter begreifbar machen wollen. All
diesen Modellen ist dabei die begrenzte Möglichkeit der Interaktion
zwischen Lerner und Objekt, die „betrachtende Distanz“ zwischen ihnen,
die fehlende Möglichkeit, sich in das Objekt quasi „hinein versetzen“ zu
können, gemeinsam. Unter Nutzung der inzwischen breiter verfügbaren
VR-Technik kann eine solche Möglichkeit des direkten, unmittelbareren
Bezugs zwischen Lernendem und chemischen Objekten nun geschaffen werden,
indem diese dreidimensional und vom Lerner manipulier- und erfahrbar
visualisiert werden. Erste Erfahrungen mit der Nutzung von VR bei der
Betrachtung chemischer Vorgänge geben zu der Hoffnung Anlass, dass die
Nutzung dieser Technik das Verständnis chemischer Vorgänge positiv
beeinflussen kann. [Smaldone, 2017]
Ergänzend dazu können
VR-Lernumgebungen auch zwei weitere, aktuell in der Lehre
unterrepräsentierte Aspekte ansprechen: Zum einen den große Komplex der
Digitalisierung, zum anderen die zunehmend wichtiger werdende Nutzung
eher Gaming-orientierter Zugänge [Schwan, 2006], wie ihn heutige
Lernende von zunehmend verfügbaren VR-basierten Spielekonsolen dem
Prinzip nach kennen.
Allerdings ist die Einführung einer solchen
neuen Technik und ihre Etablierung im Lehrbetrieb v.a. in der
Anfangsphase mit einigem zusätzlichen Aufwand verbunden, der nur schwer
neben dem normalen Tagesgeschäft leistbar ist.